Die Trends und Entwicklungen im App-Markt 2015

Letzte Woche habe ich ein Zeitungsinterview gegeben, in dem ich neben vielen anderen Fragen auch die Frage gestellt bekam, wie denn die Trends im Bereich der Apps aussehen. Dazu fällt mir einiges ein, was ich in einen Artikel packen kann, der für Entwickler und App-Publisher interessant sein kann und zudem zur Diskussion einlädt.

Android gewinnt Marktanteile

Wer sich als App-Herausgeber auf iPhone und iPad konzentriert, verschenkt viel Potenzial. Denn mittlerweile ist Googles Playstore von den Umsätzen her iTunes ebenbürtig. Wir erwarten sogar, dass der Playstore sich schon in 2015 von  iTunes deutlich absetzen kann und Apps dort in wenigen Monaten höhere Umsätze generieren werden.

Neue Geräte erlauben neue Anwendungen

Rund um die Smartwatches wird es eine Menge neuer Anwendungen geben und auch die Herausgeber bereits bestehender Apps sollten rechtzeitig damit beginnen, sich für diesen neuen Markt in Position zu bringen. Die Uhren können navigieren, Termine anzeigen, mögliche Partner in der Umgebung identifizieren, als Autoschlüssel oder Zugangsgerät für Haustüren dienen, das kommende Wetter zeigen und so viel mehr.

Mit den intelligenten Uhren (Smartwatch) entsteht ein weiterer Markt, bei dem die App-Entwickler gute Chancen haben, ihre Umsätze zu erhöhen.
Mit den intelligenten Uhren (Smartwatch) entsteht ein weiterer Markt, bei dem die App-Entwickler gute Chancen haben, ihre Umsätze zu erhöhen. (Foto: Apple)

Kostenloser Download ist Pflicht – Monetarisierung startet später

Bei mir rufen oft verzweifelte App-Publisher an, die eine gute App herausgebracht haben und sich nun wundern, dass diese kaum geladen wird. Meist sind das kostenpflichtige Apps.

Tatsache ist, dass sich über die letzten vier Jahre das Verhältnis kostenloser zu kostenpflichtiger Apps entscheidend verändert hat. Heute sind über 90 Prozent der Apps kostenlos und die Entwicklung hin zum kostenlosen Download hat sich in den letzten Monaten noch verstärkt.

Schaut man sich die Statistiken von Apple an, so fällt auf, dass unter den 30 umsatzstärksten Apps nicht eine kostenpflichtige App aufgeführt ist. Auf Platz 33 kommt Minecraft und auf 35 das Spiel des Jahres Monument Valley und auch auf den weiteren Plätzen sind Bezahl-Apps die absolute Ausnahme.

Wer also heute noch eine App verkaufen möchte, sollte dafür sehr gute Gründe haben, will er nicht nur marginale Downloadzahlen erreichen.

Monetarisierungswege

Der beliebteste Monetarisierungsweg ist Werbung in der App. Um hier auf ordentliche Einnahmen zu kommen müssen nicht nur die Downloadzahlen hoch sein, die Nutzer müssen die Apps auch regelmäßig nutzen. Dazu kommt, dass übermäßiger Einsatz von Werbung oder ungünstige Platzierung von den Nutzern als störend empfunden wird.

Besonders beliebt und ertragreich sind daher In-App-Käufe, mit denen der Nutzer sich von Werbung freikaufen kann. Nachteil für den App-Herausgeber: Der Nutzer zahlt nur einmal.

Es macht Sinn, sich über alternative Monetarisierungsformen Gedanken zu machen. Hier bieten sich faire In-App-Käufe an, die die Funktionen der App erweitern und den Nutzwert erhöhen.

Ein weiterer Weg ist App-Sponsoring. Unserer Meinung nach liegt hier noch viel Potenzial ungenutzt. Warum nicht ein zum Thema der App passendes Unternehmen ansprechen und ein Konzept zum beiderseitigen Vorteil erarbeiten? Das kann auch dergestalt sein, dass ein Teil des Sponsorings direkt in die Vermarktung der App investiert wird.

Mitgliedschaften oder Premium-Nutzergruppen mit monatlich wiederkehrenden Gebühren sehen wir bei Dating-Apps – in anderen Bereichen dürfte man sich mit Abo-Modellen eher schwer tun.

Die Nutzer halten sich nicht an ihre Wünsche

In den Bewertungen von insbesondere Spiele-Apps liest man immer wieder die Kritik, es wäre doch besser gewesern, für die App beim Download einen fixen Preis zu verlangen und dafür auf In-App-Käufe zu verzichten.

Allerdings zeigt das Verhalten der Masse von Nutzern, dass Apps, die kostenpflichtig sind, weit weniger Erfolg haben, wie wir gerade dargestellt haben.

Free to Play wird besser

Es fällt auf, dass die Spielarchitekturen rund um die In-App-Käufe besser werden. So kann man heute viele Free-to-Play Spiele ohne einen Cent zu investieren, durchspielen.

Zu Beginn der Free-to-Play-Revolution wurden Nutzer dadurch verärgert, dass sie zur Erreichung bestimmter Spielziele gezwungen werden sollten, Käufe durchzuführen. Das ist heute anders. Chinesische und russische Apps fallen uns oft mit irreführenden Beschreibungen und dem Zwang zum Kauf auf.

Zahlende Spieler kaufen sich in den meisten Fällen nur Zeitvorteile, aber keine echten Spielvorteile. Sie reduzieren durch Käufe die Wartezeiten (bis neue Leben bereitstehen oder Spielinhalte gebaut oder entwickelt werden). Wer sich also Zeit lassen kann, kommt auch ohne In-App-Käufe durch.

Events in Apps binden Nutzer

Ein guter Weg, um Nutzer stärker an die Apps, insbesondere Spiele-Apps, zu binden, sind regelmäßige Events mit attraktiven Spielgegenstand-Preisen. Diese Sonderaktionen erfordern ein häufiges Aufrufen der App und erhöhen so den gewünschten Gewöhnungseffekt.

Gewinnen kann nur, wer die App häufig aufruft und die erforderlichen Spielzüge durchführt. Wer regelmäßig an Events teilnimmt und die Gewinne erhält, wird belohnt und kommt schneller voran.

Gamification auch für Apps, die keine Spiele sind

Ein noch nicht ausreichend genutzte Chance besteht darin, auch bei Apps, die keine Spiele sind, spielerische Elemente und Belohnungssysteme zu integrieren. So könnten weitere Funktionen erst freigeschaltet werden, wenn der Nutzer die App zum Beispiel 20mal genutzt hat.

Natürlich müssen die Nutzer darüber informiert werden, was sie auf diesem Weg gratis freischalten können.

Updates werden wichtiger

Mit Apps ist es wie mit Blogs. Kommen keine Updates und neue oder zumindest verbesserte Funktionen, vergessen die Nutzer die App recht schnell. Regelmäßige Updates dienen so mehreren Zwecken:

  • Kompatibilität mit Betriebssystem und Hardware erhalten
  • Neue APIs nutzen
  • Erweiterte Funktionen des OS-Herstellers ausnutzen
  • Nutzer an die App erinnern
  • Nutzer mit neuen Funktionen begeistern
  • Neustart bei Bewertungen

Es empfiehlt sich, die Bewertungen auf Hinweise für Verbesserungspotenzial hin zu überprüfen. Oft sagen die Nutzer ganz offen, was sie sich noch wünschen.

Kopie oder Original

Jede erfolgreiche App wird sofort kopiert. Zum Teil wird sogar der gleiche Name und ein zum Verwechseln ähnliches Design für das Icon und das User-Interface genutzt. Leider kann man dagegen kaum etwas machen.

Jede erfolgreiche App wird sehr schnell kopiert. Hier ein gutes Beispiel, wie dreist solche Kopien sogar das Design übernehmen. (Screenshot iTunes)
Jede erfolgreiche App wird sehr schnell kopiert. Hier ein gutes Beispiel, wie dreist solche Kopien sogar das Design übernehmen. (Screenshot iTunes)

Wenn bei mir Leute mit App-Ideen anrufen, dann ist deren Angst immer, dass der Angerufene ihnen ihre tolle Idee klauen könnte. Das machen wir natürlich nicht, aber wir klären die Anrufer darüber auf, dass die Schutzsituation für Apps mehr als mangelhaft ist und sie keine echte Chance gegen den Ideendiebstahl haben.

Das Original muss besser sein und idealerweise einen „unfair advantage“ haben, also einen Vorteil, der nicht so einfach kopiert werden kann.

Die Großen werden größer – die Kleinen bleiben unsichtbar

Wenn ich Journalisten erzähle, wieviel Apps im App Store sind, wundern die sich über die immense Zahl von Apps. Im Juli 2014 waren 1,2 Mio. Apps im Apple App Store und sogar 1,3 Mio. Apps auf Google Play.

Wenn ich dann ergänze, dass rund 90% dieser Apps nicht mal auf über 100 Downloads gesamt kommen, ist man sehr überrascht. Ich sehe hier eine Parallele zum Internet. Von Millionen Seiten, die man theoretisch aufrufen und nutzen könnte, werden tatsächlich nur etwa 10% von spürbaren Besucherzahlen aufgerufen.

Dating-Apps boomen – Dating wird zum Spiel

Mit zahlreichen Abwandlungen und kreativen Ideen boomt der mobile Dating-Markt. Die erfolgreichen Apps verdienen hier richtig Geld mit Werbung und Premium-Paketen.

Wer neu in diesen Markt einsteigen will, braucht eine unverbrauchte Idee und die finanziellen Mittel, um die kritische Masse an Nutzern innerhalb kürzester Zeit zu akquirieren.

Es wird interessant sein, die Entwicklung von Tinder zu beobachten. Seit dort Geld verlangt wird, füllt sich die Bewertungsseite mit negativen Kommentaren.

Nutzwert oder Unterhaltungswert sind ein Muss

Nicht mal 4 Prozent aller Nutzer, die mehr als 30 Apps auf ihrem Smartphone installiert haben, nutzen diese auch regelmäßig, ergab eine Studie von Tomorrow Focus Media. 51 Prozent der Befragten mit über 30 installierten Apps gaben an bis zu 10 Apps regelmäßig zu nutzen.

Bei allen Bemühungen muss es also darum gehen, den Nutzer zur regelmäßigen Nutzung der App zu animieren. Denn nur so gehen Monetariesierungskonzepte auf.

Die Motivation geht am besten über den Nutzwert. Liefert die App Funktionen, die regelmäßig gebraucht werden, so wird auch die App regelmäßig genutzt und gerät nicht in Vergessenheit.

Bei Spielen ist das unter Umständen leichter, weil sich der Spieler an sie gewöhnt, sofern er überhaupt Gefallen an einem Spiel entwickelt hat. Hier darf keine Langeweile entstehen und es sollte immer wieder etwas Neues passieren. So bleibt der Unterhaltungswert hoch. Bei Geschenke für regelmäßige Nutzung und zeitlich begrenzte Aktionen im Spiel sind ein guter Weg, um aus gelegentlichen Spielern regelmäßige Spieler zu machen.

Besser nicht perfekt als zu teuer

Wir Deutschen neigen zum Perfektionismus. Die App, die wir rausbringen, soll perfekt sein. Hier liegt allerdings auch ein Risiko. Oft investieren App Publisher alles in die Programmierung und haben dann kein Geld mehr für die Vermarktung der fertigen App.

Aus unserer Erfahrung können wir sagen, dass es manche nicht perfekte App gibt, die aufgrund von Marketing-Anstrengungen im App Store wirtschaftlich sehr erfolgreich wurde und dann auch (mit den erzielten Einnahmen) mit jedem Update immer weiter verbessert wurden. Gutes App-Marketing ist für Apps heute unverzichtbar, wird aber aufgrund des verschärften Wettbewerbs auch immer schwerer.

Vorsicht bei der Programmierer-Auswahl – gute Vorbereitung zahlt sich aus

Es häufen sich Anfragen von App-Herausgebern, die mit ihrem gewählten Programmierer Schwierigkeiten haben. Das wird noch weiter zunehmen, da der Wettbewerb auch unseriösen Anbietern Möglichkeiten eröffnet. Im Extremfall ist das Geld weg und der Programmierer abgetaucht. Auch lästig: der Programmierer stellt die App bis zu einem gewissen Grad fertig und kommt dann mit Nachforderungen. Oder die App funktioniert überhaupt nicht (was wir dann mit Verwunderung beim Test der App feststellen).

Nun wissen wir aus den Mails und Anrufen angehender App Publisher, wie wenig vorbereitet man oft ist, wenn über die App Idee gesprochen wird. Das ist die Chance für einen Angriff der Entwicklungs-Piraten. Mein Tipp: Informieren Sie sich, lassen Sie mehrere Entwickler ein Angebot machen und achten Sie auf die Feinheiten. Wichtig ist zum Beispiel auch, wie es nach Fertigstellung der App weitergeht. Wer kümmert sich um Updates, wer erfasst Bugs und vor Allem: Wer behebt die Bugs?

App Friedhof wächst stark

Wer sich wie wir nun seit sechs Jahren intensiv mit Apps befasst und jeden Tag auch noch Reviews schreibt, sieht auch den Bereich des App Stores, den die Nutzer nicht sehen.

Mittlerweile gibt es zigtausend Apps im App Store, die nicht mehr gepflegt werden, deren Entwicklung und Betreuung irgendwann eingestellt wurde und die dann auch nach einer gewissen Zeit nicht mehr angezeigt werden.

Sind diese Apps auf iPhones oder iPads installiert, lassen sie sich irgendwann nicht mehr öffnen oder stürzen sofort ab.

Das Erstaunliche dabei: Wir können über die Suchstatistik sehen, dass diese Apps nicht generell die erfolglosen Apps sind, es sind Apps dabei, nach denen auf unseren Seiten jeden Tag gesucht wird.

Hier eröffnet sich ein neuer Markt, der aufmerksamen App-Entwicklern viel Potenzial bietet. Man muss nicht jedes Mal das Rad neu erfinden, es gibt auch im Bereich Apps diverse Anwendungen, die eine zweite Chance verdient hätten.

2015 wird wieder ein spannendes Jahr

In diesem Jahr müssen viele App-Herausgeber sich umstellen. Die beim Download kostenpflichtige App hat kaum noch eine Zukunft. Es geht nun noch mehr darum, Einnahmen aus der App anders zu generieren. Einige Vorschläge habe ich im Artikel bereits gemacht – man muss aber bei jeder einzelnen App individuell ein Monetarisierungskonzept erstellen, welches an die Art und den Aufbau der App angepasst ist.

Die Downloads generell werden weiter zunehmen, die Vielfalt der Apps auch und damit der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Nutzer.

Wir werden gerade bei Nutzungsbedingungen und Datenschutz auf unseren Review-Seiten noch genauer hinsehen und uns durch die auf unlesbar getrimmten Bestimmungen arbeiten. Hier lauern mittlerweile nicht unerhebliche Gefahren für die App Nutzer, die nach wie vor viel zu leichtfertig den Nutzungsbestimmungen zustimmen und oft garnicht wissen, dass sie damit die uneingeschränkten Nutzungsrechte an ihrem Content an den App-Herausgeber übertragen.

Wir erwarten auch mehr Regulierung aus Europa. Es kann nicht sein, dass Jugendliche per App (zum Beispiel YouNow)  in Gefahrensituationen gebracht werden, die sie selbst nicht übersehen können. Wenn Apps Kindern erlauben, aus ihrem Kinderzimmer live auf Sendung zu gehen, hört der Spaß auf. Denn wenn schon Erwachsene nicht wissen, was sie bei Nutzung einer App tatsächlich unterschrieben haben, kann man diesen Weitblick von Kindern erst Recht nicht verlangen.

 

Markus Burgdorf

 

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